Andersens “Die kleine Meerjungfrau” – “Show, don’t tell” im 19. Jahrhundert?

Eines der schönsten Märchen, die ich kenne, ist Hans Christian Andersens „Die kleine Meerjungfrau. Schon als Kind war ich von dieser Geschichte fasziniert, kannte aber natürlich nur moderne Neuadaptionen. In originalgetreuer Übersetzung gelesen (könnte ich doch nur dänisch!) entfaltet „Die kleine Meerjungfrau“ einen ganz besonderen Reiz. Andersens Sprache ist wunderschön, poetisch und voller Symbolik, und auch wenn die berühmte ‚fingierte Mündlichkeit‘ hier nicht ganz so zum Tragen kommt wie beispielsweise in „Die Schneekönigin, spürt man sie doch. Sehnsucht ist in alles hineingewoben, und man kann gar nicht anders, als die kleine Meerjungfrau zu mögen. Das Ende ist traurig und doch hoffnungsvoll, und man bleibt zurück mit Wehmut und Sehnsucht im Herzen und einem seltsamen, traurigen Glücksgefühl.

Bis heute hat mich die Intensität dieser Geschichte nicht mehr losgelassen. Wie nah Andersen mit seinem Werk an den heutigen Trends der Kinder- und Jugendliteratur liegt, wurde mir allerdings erst bewusst, als ich meine Märchenanalyse für Kinder- und Jugendmedien.de verfasst habe. Andersen schafft es, seine Leser mitten ins Geschehen zu ziehen – genau darauf achte ich auch im Lektorat heutiger Kinder- und Jugendbuchtexte (Stichwort „show, don’t tell“). Natürlich gibt es Unterschiede, Andersen war trotz allem ein Kind seiner Zeit. Für mich machen diese Ähnlichkeiten „Die kleine Meerjungfrau jedoch noch faszinierender – ein Märchen zwischen Romantik und Realismus, das (in gewissem Maß) bereits heutige Trends vorwegnahm.

Wer mag, kann den Märchenartikel hier nachlesen: Hans Christian Andersen – Die kleine Meerjungfrau. Kinder- und Jugendmedien.de (Universität Bremen)